Zufällige selbstgeschriebene Texte
Ein paar zufällige Texte in meinem Workshop zu kreativen Schreiben entstanden sind.
Ein mysteriöser Gegenstand
Auf dem Tisch liegt ein in kleiner Taschenkompass, knapp so groß wie meine Handfläche. Außen eine kreisrunde Fassung aus Bronze, die grünliche Patina angesetzt hat. Ein trübes Glas sorgt dafür, dass die Kompassnadel kaum sichtbar ist. Das Sichtglas war mit vier, gleichfarbigen Halterungen und Schrauben fixiert. Eine der vier Halterungen fehlt jedoch, sodass das Glas sich leicht bewegt. Im Hintergrund kann man kaum eine kunstvolle Beschriftung der Vier Himmelsrichtungen und ein fünfköpfiges Seeungeheuer sehen. Die Kompassnadel dreht sich schwerfällig und schwingt lange nach, wenn der Kompass gedreht wird. Die Rückseite ist stark verkratz und mit Mühe kann man eine abgewetzte Gravur erkennen, die schreibt H.S.- 1.01.1904. An der Nordseite des Kompasses gibt eine Öse, an der eine 30 cm lange Kette aus einem silbernen Material befestigt ist. Der Verschluss der Kette fehlt.
Ein Besitzer
Wer Torsten zum ersten Mal sieht, denkt sich, das ist jemand der völlig austauschbar ist, jemand der einen Bürojob bei irgendeiner Versicherung macht, in seiner Freizeit gerne Serien schaut und mit dem man sich bei einer Party für eine halbe Stunde “mega gut versteht” um ihn dann nach 5 Minuten wieder zu vergessen. Thorsten ist jung, oder wie er denkt zu jung für alles, was Spaß macht und zu alt um Spaß zu haben. Naja 31 halt.
Jetzt sitzt Thorsten in Embryonalhaltung auf dem Boden. Seine Augen sind verheult, dicke Tränensäcke unter den Augen, die Tränen kullern ihm über das zerknautschte Gesicht. Er trägt eine schwarze Jeans und dunkle Lederschuhe, an denen noch heller, aber getrockneter Matsch klebt. Obenrum eine Jackett, ein Hemd und eine schwarze Krawatte, die es so in jedem Einkaufszentrum zu kaufen gibt. Er versucht von seinem runden, kindlichen Gesicht abzulenken, in dem er einen leicht ungepflegten Backenbart trägt. Seine Kurzhaarfrisur ist von der Stange, so wie sie jeder beim Friseur um die Ecke bekommt, wenn man “Machen Sie mal” sagt. Die blaue durchdringende Augen unter den buschigen Augenbrauen scheinen so gar nicht zum Rest zu passen.
Torsten hat heute zum ersten mal seit seiner Trennung mit Corinna, sein Parfüm aufgelegt, dass seine Großeltern so mochten. Sonst macht er ja nicht so Dinge für andere, aber wenn nicht für Tote für wen dann.
Ein Ort ohne Kontext
Brütende Hitze scheint alles zu verlangsamen. Es bewegt sich kein Lüftchen. Vertrockneter Mais reicht so weit das Auge reicht. Gestört wird die Stille nur durch eine einzelne Zikade, die mit ihren hoffnungslosen Paaarungsgeschrei empörend stört. In der Mitte der Felder ein zweistöckiges, heruntergekommenes Bauernhaus und eine Scheune. Auf der mit rostenden Wellbrettern gedeckte Veranda ein Schaukelstuhl, zwei leere Flaschen Wein und ein runder Beistelltisch mit weißer Tischdecke. Vor dem Schaukelstuhl liegt ein korpulenter Mann in einer Latzhose, scheinbar bewusstlos. Im Eingang einer Scheune, die rechts neben dem Haus befindlich ist, stehen die Überreste eines Autos oder war das mal ein kleiner Traktor. In einem dreckigen Eimer schwimmen traurig drei Dosen Billigbier. Durch einzelne Ritzen dringt das Licht so herein, dass der Staub in der Luft sichtbar wird. Die Luft in der Scheune ist geschwängert von dem Geruch von Heu, Schmieröl und Schweiß.
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